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Tagebuch vom 08. Mai - 16. Mai 2004 (12)
 
Müllers unter dem Buyubaum
Sonntag, den 16. Mai 2004

"Dieser Weg des Leidens ist heute von den grossen Buyubäumen gesäumt, die - haushoch und über tausend Jahre alt - ihre gewaltigen Äste über uns hinweg ragen lassen"
     
Samstag, den 08. Mai 2004
Trafen Bekannte meiner Eltern in Morogoro. Herzliches Grüssen. Sie sind schon 25 Jahre in Tansania und waren früher auch Wiedenester Missionare.

Christine war mit Sprachlehrerinnen auf einem riesigen Stoffmarkt in Morogoro. Ausser dem (dort nicht unüblichen) Versuch, beklaut zu werden und der Überfülle von Menschen war es eine gute Erfahrung, da Christine tolle Stoffe mit schönen Farben erhielt, die sie für wenig Geld nähen lassen will, um dann in der kommenden Zeit im Süden etwas mehr wie eine tansanische "Mama" auszusehen ... .
 
 
Sonntag, den 09. Mai 2004
Heute in einer kleinen tansanischen Gemeinde gewesen, wo Missionare dieses Wochenende ein Eheseminar durchgeführt haben. Auch das Predigtthema geht um das Thema Ehe. Wie erst Ärger über den anderen, dann zweitens Nachtragen der Schuld des anderen und als dritte Stufe Bitterkeit gegenüber dem anderen eine echte Bindung darstellen können, um eine gelungene Ehe zu verhindern.

Der Prediger fragt dann: ist es der Teufel, der uns hindert, zu vergeben? Nein, es sind wir, die wir als Christen zwar wissen, wo es Befreiung gibt von bösen Einflüssen, bei Jesus, sie aber nicht erbeten von Gott und auf unseren Ehepartner zugehen und ihm eine Brücke zum Neuanfang anbieten. Alles das wurde durch einzelne Bindfäden veranschaulicht, die der Prediger und seine Frau gegenseitig um ihre Hände wickelten. Erst einen Faden des Ärgers, dann einen des Nachtragens, dann einen der Bitterkeit.

Und schliesslich war es nicht mehr möglich, sich alleine zu befreien, sondern nur die "Schere", die Vergebung durch Jesus und gegenseitige Vergebung half, neu anzufangen. Sprach dann noch über den Einfluss der Ehe der Eltern auf die Kinder und ihr Verhältnis zu Gott. War sehr anschaulich und hat mich nachdenklich gemacht.
 
 
Dienstag, den 11. Mai 2004
An manchen Tagen fällt es einem doch schwerer als sonst, hier zu sein. Z.B. der scheinbar beständige Versuch, übervorteilt zu werden beim Einkaufen oder wo auch immer, nur weil man scheinbar viel Geld hat, zerrt, wenn man "schlecht drauf" ist, etwas an den Nerven. Aber das Aufregen darüber sind so Dinge, die am Anfang einer Zeit in einem neuen Land, ganz normal sind, das wissen wir von England ... .

Wenn man dann z.B. vergisst, dass Handeln über einen Preis hier normal ist und in der Regel dazu gehört, hat man verloren ... . Auf jeden Fall kann man nicht sagen, dass viele der Menschen hier nicht am Geld orientiert sind ... . Unterschiedliche Kulturen, aber gleiches Streben - nur auf einer anderen Ebene?! Ich glaube, schon.
 
 
Mittwoch, den 12. Mai 2004
In drei Wochen ist der Suaheli-Sprachkurs schon vorbei! Wie die Zeit vergangen ist! Wir sind so dankbar, dass Gott uns geholfen hat, den Kurs so wahrnehmen zu können zu zweit trotz der Kinder! Auch dass das mit dem Kindergarten so geklappt hat. Dankbarkeit gegenüber Gott, aber auch gegenüber unseren Freunden, die für uns gebetet haben.
 
 
Donnerstag, den 13. Mai 2004
Heute ist der Tag, an dem wir nach zwei Monaten endlich wieder einmal nach Daressalaam kommen wollen, um Susan`s zukünftige Schule noch einmal zu besuchen und unsere Mitarbeiter zu treffen. Aber gegen 11.00 Uhr kommt die Nachricht, dass unsere Mitfahrgelegenheit ausfällt. Ein Kind der Familie, die uns mitnehmen wollte, hat Malaria bekommen  und nun fahren sie nicht.

Auf die Schnelle bekommt man hier keine Tickets für die Überlandbusse mehr. So müssen wir hier in Morogoro bleiben und als nachmittags der Anruf unserer Mitarbeiter kommt, die gerade von der Konferenz im Süden wieder gelandet sind und fragen, wo wir genau in Dar gerade sind, müssen wir ihnen sagen, dass das Wochenende "geplatzt" ist. Wir hatten ja für Freitagvormittag die Termine in den Schulen ausgemacht und am Wochenende haben sie zu, so dass wir nun gar nicht fahren.


Freitag, den 14. Mai 2004
Versuchen immer mehr Kontakte zu Tansaniern zu suchen, um das Suaheli zu praktizieren. Bin heute mit einheimischen Sprachlehrern auf eine Spitze der Uluguru-Berge hier in der Nähe gestiegen. War eine abenteuerliche Wanderung mit viel Gelegenheit, Suaheli zu sprechen.

Die Bergwege hier sind ja natürlich nicht wie in der Schweiz ständig mit Markierungen gekennzeichnet... Aber die Einheimischen kennen sich darin aus wie in ihrer Westentasche.
Von Affen, Wasserfällen, Riesenheuschrecken, Urwald und steilen Felsklippen war dabei alles dabei. Ein Vorrecht, dieses Erleben mit tansanischen Geschwistern zu teilen.


Samstag, den 15. Mai 2004
Mit den Kindern in der Post, bei der Bank etc. gewesen. Obwohl das ja die Orte sind, wo genug Geld sein müsste, sind es fast immer (in unseren Augen) sehr vernachlässigte Gebäude. Wir sind das ja jetzt gewöhnt und trotzdem erstaunt immer wieder, dass Instandhaltung i.d.R. kein grosses Thema zu sein scheint ... .

Haben einzelne Infos über die Zeit von Juni bis August bekommen. Werden nach dem 4. Juni in den Süden nach Mtwara an die Südostküste geflogen und nach dem Aufenthalt bei den Mitarbeitern dort nach Mbesa, Nanjoka, Songea und die anderen Orte gebracht werden. Sinn dieser Orientierung wird der Kontakt zu den Mitarbeitern sein, mit denen wir dann ab September von Daressalaam aus per Funk Kontakt haben werden. Im August haben wir dann noch eine Pause, bevor es richtig losgeht mit der Einarbeitung auf der Station in Dar.
 
 
Sonntag, den 16. Mai 2004
Heute ist der dritte Tag, dass das Internet nicht funktioniert. Unsere Freunde Hardy und Detlef in Deutschland haben Geburtstag. Können ihnen nicht schreiben.

Erhielten gestern abend die Nachricht, dass Richard und Ruth, unsere englischen Freunde, wieder zurück in Dar sind von ihrem zweimonatigen Englandaufenthalt.

Christine, die Kinder und ich laufen heute entlang der historischen Sklavenhandelsstrasse, deren Weg direkt hinter dem heutigen Sprachschulgelände verlief. Eigenartige, schlimme Szenen an die Zeit der arabischen und europäischen Unterdrückung der Kolonialzeit tauchen vor dem geistigen Auge auf.  Aneinander angekettet mussten die Sklaven wochenlang bis an die Küste laufen nach Bagamoyo, wo sie bei unmenschlichen Bedingungen teils zu zehnt übereinander in Schiffe gepfercht wurden.

Unzählige starben auf dem Schiff oder schon auf der Zwangswanderung, bevor sie je das Elend ihres Sklavendaseins im Ausland antreten konnten. Dieser Weg des Leidens  ist von den grossen Buyubäumen gesäumt, die - haushoch und über tausend Jahre alt - ihre gewaltigen Äste über uns hinweg ragen lassen.  
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